EDITION Erich Fromm LECTURES
Am 23. März 2024 wurde der diesjährige Erich Fromm-Preis an Prof. Dr. Bernhard Pörksen verliehen. Die Internetdokumentation finden Sie wie üblich auf unserer Website.
Wie schon bei den letzten Preisverleihungen ist auch zu dieser Festveranstaltung ein kleiner Dokumentationsband erschienen, der ab sofort zum Selbstkosten-Preis von 5 € bzw. 5 SFR/Stck. (ab dem 2. Ex. 4 €/4 SFr) zzgl. Versandkosten vergünstigt bezogen werden kann.
Enthalten sind neben den Begrüßungen von Monika Renninger (Hospitalhof, Stuttgart) und Jürgen Hardeck die Laudatio von Kübra Gümüşay sowie die Erich Fromm-Lecture des Preisträgers Bernhard Pörksen mit dem Thema „Die redaktionelle Gesellschaft. Wege zur Medienmündigkeit“.
Verlag ZEUYS BOOKS, Neuhofen/Ybbs, 100 Seiten, s/w, Broschiert, Sprache: Deutsch, ISBN 978-3-903893-23-8. Bestellungen bitte an das Erich Fromm-Institut Tübingen zu Hd. Dr. Rainer Funk, E-Mail: frommfunk@gmail.com bzw. per Post an Ursrainer Ring 24, DE-72076 Tübingen (der Zusendung liegt dann die Rechnung mit Überweisungsdaten bei).
(Ein Buchhinweis unseres Mitglieds Martin Lowsky)
Markus Tiedemann: Post-Aufklärungs-Gesellschaft. Was wir verlieren und was uns bevorsteht. Paderborn (Brill mentis), 2023, 212 S., 34,90 € (ISBN 978-3-95743-285-8)
Dieses Werk des Dresdener Professors für Didaktik der Philosophie Markus Tiedemann steht in der Tradition des Humanismus. Zum einen ist es eine historische Darstellung. Es beschreibt die Entwicklung des aufklärerischen Denkens. Die Aufklärung hatte ihre Höhepunkte im alten Griechenland, als Sokrates den Wert von Ordnung und Vernunft lehrte und Perikles den Austausch von Meinungen und die Demokratie pries, und dann wieder im 18. Jahrhundert, als Immanuel Kant und französische Denker wie Charles de Montesquieu die vom Verstand geleitete Emanzipation des Menschen einforderten. In beiden Epochen standen die segensreichen Ideen von bürgerlicher Freiheit den uralten Wertesystemen und Glaubensüberzeugungen gegenüber. Die zweite Aufklärungsepoche hat, betont Tiedemann, vielen Gefahren widerstanden und hat noch nicht geendet, ist aber heute in der Auflösung begriffen. Tiedemann verwahrt sich bei alledem gegen jeden Eurozentrismus: Er weiß von den Verbrechen des Kolonialismus und von der europäischen Blindheit gegenüber einer gerechten Weltordnung, unterstreicht aber den ethischen Universalismus der Aufklärung, der weltweit gegen Unterdrückung und Grausamkeit auftrete. Im Übrigen habe Europa selbst die inhumansten Feinde der Aufklärung hervorgebracht.
Zum andern liefert dieses Buch eine aktuelle Bestandsaufnahme der erwähnten Auflösung des aufklärerischen Denkens. Ein kapitalistisch orientiertes Freiheitsverständnis – bis hin zum Kulturrelativismus, der das vorhandene Leid nicht begreift – und die Philosophie des Konstruktivismus, die jede objektive Erkenntnis als puren Schein bezeichnet – bei Erich Fromm gibt es das bittere Stichwort von der ‚Wahrheit als Geschmackssache‘ –, leiten eine neue Ära ein. Hinzu kommen ein vulgäres Demokratieverständnis (auch ohne Wahlfälschung werde Putin, Orban, Erdogan die große Zustimmung erhalten) und die Freude an der Vereinigung mit der Masse. Psychologisch interessant ist Tiedemanns Ausblick auf den künftigen Bürger als den „Kind-Erwachsenen“, also jenen Gegenentwurf zum „reifen Menschen“ (Fromm), den das Angebot der politischen Selbstbestimmung eher stören würde.
Tiedemann ist nicht hoffnungslos. Er lobt die ‚Fridays for Future‘-Bewegung und stellt grundsätzlich fest: „Den Anhängern des Aufklärungsgedankens obliegt es, soviel Glut wie möglich zu bewahren, um die Flamme zu gegebener Zeit neu zu entfachen.“ Erich Fromm mit seinem Humanismus in der Furcht vor der Freiheit und in Haben oder Sein wird mehrfach zitiert.
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