Jahrestagung der Internationalen Erich-Fromm-Gesellschaft e.V.; 26.04. – 28.04.2024, Bildungshaus Zeppelin & Steinberg, Goslar
Dem Psychoanalytiker, Sozialpsychologe und -philosoph Erich Fromm (1900-1980) geht es darum, den „gesamten Lebensprozess als einen Geburtsprozess an[zu]sehen und keine Stufe des Lebens als endgültige zu betrachten. Die meisten Menschen [jedoch] sterben, bevor sie ganz geboren sind.“
Wenn wir unseren „Kindern wirklich wünschen, nicht nur erfolgreich, sondern auch seelisch gesund zu sein, dann müssen sie solche Normen und Werte als wesentlich erachten, die zu seelischer Gesundheit und nicht nur zum Erfolg führen.“ (Fromm)
Im Gegensatz zu jenem heute gängigen Verständnis, ist seelische Gesundheit eben mehr als die Abwesenheit von Krankheit, ist Erziehung mehr als Anpassung und Bildung mehr als eine kompetenzenorientierte, effiziente Ausbildung, bei der Kindern in immer kürzerer Zeit noch mehr abfragbares Wissen eingetrichtert wird, das dann engmaschig gemessen, verglichen und einem bestimmten Schulabschluss zugeordnet werden kann…
Fromm hat mit seiner analytischen Sozialpsychologie verdeutlicht, dass der Erziehungs- und Bildungsprozess auf dem `Gesellschaftscharakter´ gründet. Dessen Funktion liegt darin, das Wollen und Tun der Menschen in einer Gesellschaft so zu formen, dass diese mit dem Gefühl von Freiheit tun, was von ihnen zu tun verlangt wird.
Nur wenn es also gelingt, dass die bestehenden Diskrepanzen zwischen gesellschaftlichen und humanen Bedürfnissen vor dem Hintergrund eigener Überzeugungen, Werte und Ideale wahrgenommen und reflektiert werden (dürfen), wird es auch möglich, sich dem `gesellschaftlichen Verlangen´ nach Macht, Erfolg, Leistungssteigerung, Profitmaximierung und Konsum nicht blind zu unterwerfen…
Hier geht es um eine entscheidende Aufgabe von Erziehung und Bildung, obgleich es sich dabei „gewöhnlich [um] eine gesellschaftliche Einrichtung [handelt], die sicher nicht dazu beiträgt, dass Menschen sich selbst befreien und unabhängig werden. Keine gesellschaftliche Institution verfolgt dieses Ziel“, so Fromm.
Bei dieser Tagung wollen wir uns aus einer kritisch-emanzipatorischen Perspektive fragen: Wie müsste eine Gesellschaft, eine Erziehungs- und Bildungsinstitution beschaffen sein? Welche Voraussetzungen, Bedingungen, Strukturen und Möglichkeiten müssten gegeben sein, damit sich die menschlichen Eigenkräfte und eine biophile Orientierung in Bezogenheit entwickeln können?
Wie können pädagogisch Tätige bei diesem Prozess der `kollektiven Vermenschlichung´ unterstützen sowie zuvorderst unterstützt werden?
Wir freuen uns auf anregende Beiträge, `echte´ Gespräche und gemeinsame Erfahrungen.
Referierende und Vortragsthemen:
- Dr. Achim Heinze (Grundschulrektor und Autor)
Vortragsthema: Kinder zuerst! Warum unsere Kinder bessere Schule brauchen - Prof. (i.R.) Dr. Eva Borst (Erziehungswissenschaftlerin, Universität Mainz)
Vortragsthema: Von der Zartheit der Kinder und der Liebe zum Lebendigen - Prof. Ralf Lankau (Grafiker, Philologe, promovierter Kunstpädagoge und Autor, Hochschule Offenburg);
Vortragsthema: Digitalisierung, Individualisierung, Corona - Dr. Dr. Michael Kubsda (Lehrer, Erziehungswissenschaftler und Philosoph, Alice Salomon Berufskolleg und Universität Duisburg-Essen)
Vortragsthema: Die Bedeutung der Frommschen Sozialpsychologie für die Pädagogik - Dr. Matthias Rießland (lizenzierter Feldenkrais Pädagoge und Trainer, Promotion im Bereich (kritische) Erziehungswissenschaft, Universität Duisburg-Essen)
Vortragsthema: `Wenn ich nicht weiß, was ich tue, kann ich nicht tun, was ich will´ – Der Frommsche Begriff des Gewahrwerdens und die Pädagogik von M. Feldenkrais - Cand. Prom. Anke Raidt (Grundschullehrerin, tätig in der Lehrer*innenausbildung, begründet in ihrer theoretisch-praktischen Promotion an der Universität Duisburg-Essen eine `Pädagogik der Biophilie´ im Anschluss an Fromm)
Vortragsthema: Pädagogik der Biophilie: Sich miteinander befreien und zur Welt kommen – Vom Fragen und Finden-Lassen - Dr. Rainer Funk (Psychoanalytiker, letzter Assistent und Nachlassverwalter Erich Fromms),
- Dr. Helmut Wehr (i.R., Pädagogische Hochschule Heidelberg) und
- Prof. em. Otto Lüdemann (HAW Hamburg)
einführende Gesprächsrunde am Freitagabend - Christa Lösel (Künstlerin („Liberty needs a new dress“) und Lehrerin in Nürnberg)
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