Verleihung am Samstag, 14. März 2026, um 11 Uhr im Bildungszentrum Hospitalhof in Stuttgart.

In Zeiten weltweiter Krisen zeichnet die Internationale Erich-Fromm-Gesellschaft mit Klaus Leisinger einen Menschen aus, der die Verantwortung für die Eine Welt gespürt und mit seinen vielfältigen Aktivitäten auch in die Tat umzusetzen versucht. Schon seine Dissertation nach dem Studium der Ökonomie und Sozialwissenschaft an der Universität Basel widmete sich der Frage des Umgangs multinationaler Unternehmen mit der Arbeitslosigkeit im globalen Süden. Der Titel seiner soziologischen Habilitationsschrift lautete: „Gesundheitspolitik für die am wenigsten entwickelten Länder“.

Klaus Leisinger
Klaus Leisinger (Foto: Dejan Jovanovic)

Bei diesem an ethischen Fragen orientierten wissenschaftlichen Interesse nimmt es nicht Wunder, dass er beruflich versuchte, dieses Interesse in internationalen Unternehmen zu konkretisieren. Zunächst für die internationalen Beziehungen des Unternehmens Ciba-Geigy zuständig, übernahm er 1996 die Geschäftsführung der Novartis-Stiftung für nachhaltige Entwicklung, deren Präsident er auch bis 2013 war. Mit dieser Stiftung kämpfte Leisinger gegen die Armut in einkommensschwachen Ländern an und unterstütze Maßnahmen zur Bekämpfung von Malaria, Lepra und Tuberkulose.

Nach dem beruflichen Ausscheiden bei Novartis gründete der mit verschiedenen Ehrendoktor-Titeln ausgezeichnete Leisinger die Stiftung Globale Werte Allianz (https://www.globalewerteallianz.ch/), um die vielfältigen Aktivitäten fortzuführen. Zu diesen zählt auch seine Beratertätigkeit für die UN, die Weltbank und das Weltwirtschaftsforum. 2005 wurde er von UN-Generalsekretär Kofi Annan zu dessen Sonderberater für den UN Global Compact berufen. Auch ist er Mitglied im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen.

Als Professor für Soziologie an der Universität Basel verfolgte Leisinger vor allem Fragen der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen und deren Führungskräften. Dieses Interesse führte ihn auch zur Karl Schlecht Stiftung, deren Hauptanliegen „Good Leadership“ ist. Über Karl Schlecht wurde Leisinger mit den Schriften und dem Menschenbild Erich Fromms bekannt, so dass er sich immer stärker mit Fromms Werk beschäftigte – und nicht mehr davon loskam.

Das eindrucksvollste Ergebnis seiner Beschäftigung mit Fromms Denken ist das Buch Die Kunst der verantwortungsvollen Führung. Vertrauen schaffendes Management im internationalen Business, das 2017 im Haupt Verlag in Bern veröffentlicht wurde.

Hier ein paar Sätze aus dem Vorwort des Buches:

„Erich Fromm kommt das große Verdienst zu, wirtschaftliches Geschehen und die Menschen, deren Entscheidungen und Unterlassungen dieses gestalten, aus einer völlig anderen Perspektive zu betrachten, als dies die Curricula etablierter Business Schools tun: aus Sicht der Psychoanalyse und im Blick auf die Persönlichkeitsstruktur. Das mag Betriebswirtschaftler und puristische Ökonomen irritieren oder gar belustigen. Wer jedoch beim Diskurs über die normative Richtigkeit geschäftlichen Handelns den Faktor Mensch außen vor lässt, macht das, was Jakob Burckhardt ‹simplification terrible› nannte.

Wir sind alle Kinder unserer Zeit, geprägt von unserer spezifischen Werte-Sozialisation, den historischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen wir heranwuchsen und leben sowie den Erfahrungen, die wir machten. Wissen und intellektuelle Substanz aus einer anderen Zeit muss daher im Lichte ihres Entstehungskontextes verstanden und auf seine Aussagekraft für die gegenwärtige Lebenswelt geprüft werden. Das gilt natürlich nicht nur für Erich Fromm, sondern für alle großen Denker der Menschheitsgeschichte – von Platon und Konfuzius bis zu den heute relevanten Intellektuellen.

In einem so umfassenden Werk wie dem Erich Fromms steht vieles, das in einer verkürzten Behandlung aus dem Zusammenhang gerissen und missverstanden werden kann. Um die Bedeutung der Erkenntnisse Erich Fromms für die moderne Gesellschaft würdigen zu können, muss man sich einerseits auf seine Begriffsdefinitionen, den gesellschaftspolitischen Kontext seines Denkens und den historischen Kontext einlassen, in dem sie entstanden sind. Andererseits muss man versuchen, das herauszudestillieren, was an Substanz über die damaligen historischen und politischen Umstände hinaus für heutiges Handeln bedeutsam ist.“

Deshalb ist es Klaus Leisinger wichtig, den „modernen Diskurs über ethische Desiderata für Führungspersönlichkeiten in Unternehmen“ vor dem Hintergrund von Erich Fromms Gedankengut zu reflektieren. Erst dann lässt sich zeigen, dass die von Fromm in Die Kunst des Liebens entwickelten Merkmale der Liebe – Fürsorge, Verantwortungsgefühl, Achtung vor dem Anderen und Erkenntnis – zentrale Aspekte einer verantwortungsvollen Führung auch im Business sind.

Der zum Zeitpunkt der Preisverleihung 79-jährige „Botschafter“ des Denkens von Fromm ist seit Herbst 2024 auch Vorsitzender der Jury der Karl Schlecht Stiftung. Klaus Leisinger kann auf ein Lebenswerk zurückschauen, das von einer humanistischen Verantwortung für die Eine Welt angetrieben wurde und wird. Für uns ist er zugleich ein lebendiger Beweis dafür, dass Fromms Denken auch im Bereich von Business, Führung und Management aktuell ist.


Anmeldung zur Veranstaltung

Name
Bestätigung

Kommentare sind geschlossen